Als Headhunter sprechen wir Mitarbeiter aus interessanten Unternehmen an und motivieren diese, über berufliche Alternativen nachzudenken. Daher steht am Ende des Prozesses stets ein Kandidat, der sich für einen neuen Arbeitgeber entschieden hat, vor der meist etwas unangenehmen Situation, bei seinem bestehenden Unternehmen kündigen zu müssen. Natürlich hofft jeder in dieser Situation auf einen fairen Trennungsprozess, bei dem man dem scheidenden Mitarbeiter für seine Mitarbeit dankt, den Weggang bedauert und ihm bzw. ihr alles Gute für die Zukunft wünscht. Dieser professionelle Umgang mit Kündigungen bedeutet dabei in den meisten Fällen nicht, dass das Unternehmen froh ist, den Mitarbeiter los zu sein. Aber was nun tun, wenn der Chef mit Zugeständnissen, Entwicklungsmöglichkeiten, mehr Gehalt oder sonstigen Annehmlichkeiten reagiert?
Zunächst ist ein sachlicher Umgang mit entsprechenden Gegenangeboten angeraten. Insbesondere Zugeständnisse können und sind in der Situation sicherlich auch ernst gemeint, inwieweit dann jedoch von einer wirklichen Nachhaltigkeit ausgegangen werden kann, muss jeder in seiner Situation selbst beurteilen. Andererseits bleibt der Eindruck, dass erst die Ultima Ratio Kündigung zu Einsicht und Erkenntnis geführt hat. Sich daraufhin für ein Bleiben im Unternehmen zu entscheiden, ist durchaus legitim und muss in jeder einzelnen Situation bewertet werden. Es bleibt der Loyalitätskonflikt, sowohl mit dem alten, wie auch mit dem potentiell neuen Arbeitgeber.
Etwas anders stellt es sich mit Entwicklungsmöglichkeiten oder besserer finanzieller Ausstattung dar. Zum einen sollte beim Betroffenen sofort der Gedanke aufblitzen, warum man dieses mehr an Verantwortung und Wertschätzung nicht schon in der Vergangenheit und freiwillig bekommen hat. Entweder der Mitarbeiter ist befähigt, den nächsten Karriereschritt zu gehen, seine Leistungen und sein Engagement sind mehr Geld, ein größeres Büro, einen Dienstwagen oder ähnliches wert, oder diese Zugeständnisse sollen ausschließlich den Weggang verhindern. Auch hier empfiehlt sich die individuelle Beurteilung. Vielleicht arbeitet der Mitarbeiter in einem Unternehmen, indem es nichts freiwillig gibt, indem der Grundsatz gilt: „Nicht geschimpft ist gelobt genug!“. Dann werden persönliche Entwicklungen stets nur über Kampf erreicht werden können. Gelebte Unternehmenskultur, wer´s mag!
Ein anderer Aspekt darf nicht vergessen werden! Diese Zugeständnisse bedeuten, dass der betreffende Mitarbeiter zu einem höheren Kostenfaktor für das Unternehmen wird, einen Preis, den der Arbeitgeber in wirtschaftlich prosperierenden Zeiten gerne bereit ist zu zahlen. Damit setzt sich der Mitarbeiter einerseits einem höheren Druck aus, Leistung und Engagement müssen einen entsprechenden Mehrwert für das Unternehmen darstellen. Andererseits kommen auch mal wieder andere Zeiten, in denen Unternehmen mit deutlich heißerer Nadel rechnen müssen und dann fallen Mitarbeiter, die mehr bekommen, als sie wert sind, deutlich auf.
Sollte beim Lesen dieser Zeilen die Idee entstehen, eine Kündigung als taktisches Mittel einzusetzen, muss auf die damit verbundenen Risiken hingewiesen werden. Einerseits reagiert der Arbeitgeber vielleicht nicht so wie erwartet, andererseits ist zu bedenken, dass auch in der Politik immer nur einmal mit Rücktritt gedroht werden kann.
Als Fazit lässt sich sagen, dass Gegenangebote eines von Kündigung betroffenen Unternehmens einerseits legitim sind, andererseits aber auch hinterfragt werden sollten. Genauso, wie jeder Bewerber gründlich und gewissenhaft prüfen sollte, ob ein Unternehmen der richtige Arbeitgeber ist, empfiehlt es sich, in dieser Situation sachlich und emotionslos mit entsprechenden Zugeständnissen umzugehen. Die Frage ist: „Will man mich nicht verlieren, weil ich wertvoll bin? Oder weil man keinen Ersatz findet? Oder weil man mir einfach die Chance nicht gönnt?“.